"Boarden ist cool, bleibt dabei."

31.10.2005 ° °

Manche Begegnungen sind so seltsam, geradezu irreal. Vorhin, nachdem wir uns bei einem zünftigen Vention Dention Konzert aufgewärmt hatten (nur so nebenbei: auf dem Konzertplakat wurden sie mit Skaterpunk umschrieben), beschlossen Gerde und ich, anstatt allgemeinen stumpfen Weitersaufens uns abzuseilen, um noch eine Runde am Bahnhof rollern zu gehen. Unsere Pegel waren für dieses Vorhaben noch akzeptabel, und so manch lockerer Trick floss uns aus den Knöcheln. Während einer kleinen Atempause stand plötzlich ein Typ mit einer kleinen, blauen Videobeamertasche von Epson vor uns: Hallo! Ich bin vollkommen betrunken – meine Frau hat mich soeben verlassen – naja, Frau ist übertrieben – lasst mich skaten.

Er machte nicht den Anschein des typischen sich selbst überschätzenden Betrunkenen, und so reichte ich ihm mein Brett.

Er dann flugs in bester Freestyle-Manier Piouretten, verschiedenste Railflips, Casperflips, Fingerflips und gar einen Rolling Impossible (wenn mein innerer Trickbrockhaus mich nicht täuscht) gezeigt. Er flog zwar zwischendurch auch mal richtig schön hin, aber der Typ hat einfach nachts um 2, voll wie eine Strandhaubitze, eine fünf- bis zehnminütige Show vom Feinsten hingelegt! Er meinte noch, alt werden sei blöd, er sei schon 37 und fahre seit über 20 Jahren. Außerdem war er mal Deutscher Vizemeister im Freestyle (hätte ohne einen der Finger-Brüder aber gewonnen), und fand mein Streetboard gut, weil es die guten alten Independents hat und in etwa das Shape der alten Freestyleboards, nur ein bisschen breiter.

Dann erzählte er uns noch eine kurze Geschichte, wie er mal bei Pierre André in Paris übernachtete, sagte noch Boarden ist cool, bleibt dabei, und verschwand so plötzlich wie er gekommen war. Wir waren so perplex, dass wir nicht mal mehr nach seinem Namen fragen konnten. Auf jeden Fall war er keiner der Finger-Brüder, nicht Günter Mokulys, nicht Yoyo, nicht Christian Seewaldt und auch nicht Boris Steffen, andere deutsche Freestyler fallen mir nicht mehr ein. Egal, jedenfalls hat dem Typ das Skaten in dieser Nacht richtig gut getan, und ich kam mir endlich mal wieder wie ein "Kiddie" vor…